Sind Menschen, die sich Ziele setzen, erfolgreicher, glücklicher und gesünder?
Eine Studie an der Harvard Universität untersuchte 1979 über einen Zeitraum von 10 Jahren den Werdegang von AbsolventInnen.
Demzufolge hatten 83% der AbgängerInnen keine konkrete Zielsetzung für ihre Karriere. 14% hatten sich Ziele gesetzt, jedoch nicht schriftlich fixiert und waren ungleich erfolgreicher, wenn man den Verdienst als Maßstab akzeptiert: diese Gruppe von AbsolventInnen verdiente 10 Jahre nach Abschluss im Schnitt das Dreifache derjenigen, die keine festen Ziele hatten.
Die Gruppe von AbsolventInnen, die sich ihre Ziel auch schriftlich fixierten, verdienten im Schnitt das Zehnfache der Absolventen aus Gruppe 1.
Ist es also damit getan, dass ich meine Ziele formuliere? Was muss ich beachten, um mein Ziel auch sicher zu erreichen?
- Das Ziel kommt nicht wirklich aus dem Herzen und entspricht keinem inneren Bedürfnis. Es ist also kein Ziel, das aus uns selbst heraus entsteht und unseren Bedürfnissen, Neigungen und Werten entspricht. Es handelt sich möglicherweise eher um Vorhaben, von denen wir denken, dass wir sie durchführen sollten oder müssten (wegen drohender Krankheit, Strafandrohung, usw.).
- Das Ziel ist kein Ziel, sondern eine Maßnahme. Damit steht nicht das Ziel, sondern eine Aktivität im Vordergrund. Was soll aber das Ergebnis dieser Maßnahmen sein?
- Es könnten bewusste, oder auch unbewusste innere Widerstände gegen die Zielerreichung vorliegen, wie z.B. Werte- oder Loyalitätskonflikte. Es kann aber auch ein sekundärer Gewinn der Problemaufrechterhaltung vorliegen: wenn ich Kopfschmerzen habe, muss ich nicht zur Arbeit und mich den Fragen meines Chefs oder meiner Chefin aussetzen.
Acht Schritte, um zum Ziel zu kommen
Ist das Ziel positiv formuliert?
Die Zieldefinition darf Spaß machen. Humor und Freude motivieren, daher sind Negation oder Vergleiche zu vermeiden. Ziele müssen als Annäherungsziel formuliert werden. Vermeidungsziele wie z.B. „Ich will in Konflikten nicht immer nachgeben“, eignen sich nicht als zugkräftiges Ziel. Das „nicht“ wird von unserem Gehirn ignoriert, es bleibt „nachgeben“ übrig. Damit wird verhindert, den Zielzustand zu assoziieren. Es ist also wichtig, ein Ziel in ein Annäherungsziel umzuformulieren, zum Beispiel: „Ich will in Konflikten selbstbewusst auftreten.“ Noch stärker wird dieses Ziel, wenn daraus zusätzlich eine Haltung formuliert wird: „Ich kann auf meine Kenntnisse und Stärken vertrauen.“ Generell verstärken Possessivpronomen die Wirkung, z.B. „ein“ durch „mein“ ersetzen. Ungünstige Formulierungen, die auf jeden Fall modifizieren sind:
- furchtlos
- unaufhaltsam
- unerschrocken
- entspannen
- stressfrei
- unwichtig
- ohne Reue
- alle Modalverben wie z.B. möchte, können …
- alle Komparative wie z.B. sicherer, besser …
Wofür ist das Ziel gut?
Ist das Ziel attraktiv und wer möchte, dass das Ziel erreicht wird?
- Ist es vereinbar mit meinem Wertesystem?
- An meine jeweiligen Rolle in einem der o.g. Systeme werden Erwartungen gestellt, die nicht im Einklang mit meinen Vorstellungen sind.
- Ist es reizvoll und anspornend oder eher vom Typ „schön wärs ja…“?
Ist das Ziel realistisch und selbstwirksam erreichbar?
Ist das Ziel zeitlich gegliedert?
Ist das Ziel messbar und konkret?
Ist das Ziel verträglich für die Umgebung?
Wie fühlt sich die Welt im Ziel an?
Ein Beispiel aus der Praxis
Lassen Sie mich ein Beispiel aus meiner Coachingpraxis geben, bei der eine Klientin das Malen wieder für sich entdecken wollte:
“Zum Ende des Jahres habe ich das Malen (wieder-)erlernt. Ich wollte schon lange etwas im kreativen Bereich machen, weil ich weiß, dass mich das glücklich macht und Malen ist die Kunst, die mir am meisten bedeutet. Dadurch gewinne ich zusätzlich Lebensfreude, mein Selbstbewusstsein steigert sich und ich verbessere meine Gesundheit und mein Wohlbefinden. Von Mai (Beginn der Zielerreichung) bis Dezember habe ich acht Monate Zeit, um mit Hilfe einiger Einstiegskurse eine solide Grundlage der mir wichtigen Maltechniken zu erlernen. Dazu habe ich bis zur Mitte der kommenden Woche zwei jeweils dreimonatige Kurse gebucht, deren Inhalt mir sehr zusagt.
Das Umfeld wird mir neue Kontakte zu anderen Kunstbegeisterten ermöglichen, eine große Bereicherung. Meine Fortschritte werde ich direkt an den Übungen sehen und ich freue mich schon jetzt, die für mich wichtigsten Bilder an meinen Wänden zu sehen.
Mein Umfeld wird sich über meine neue Lebenskraft mit mir freuen und ich stelle mir vor, dass ich in diesem Jahr einige wunderbare Weihnachtsgeschenke für meine Familie anfertigen werde.“
(Für den Fall, Sie haben jetzt auch Lust aufs Malen bekommen, habe ich hier einen schönen Startpunkt: DIE MOBILE MALSCHULE – Das Atelier auf Rädern)
Erkenntnisse aus der Glücksforschung
Es gibt Ziele, die nicht nachhaltig glücklich machen. Dazu gehören Reichtum oder Luxus, Macht, Ruhm, Jugendlichkeit oder Schönheit. Wenn Sie sich die o.g. Punkte anschauen, ist das völlig nachvollziehbar. Positive Beispiele für Zielmotive, die glücklicher machen, können dagegen sein:- Kompetenzentfaltung: Wissen, Neigungen, Begabungen hervorbringen, die wirklich zu einem Menschen passen.
- Transzendenzziele: sie gehen über die Ego-Begrenzung hinaus, leisten einen guten Beitrag für die Welt und kommen anderen Menschen oder Tieren zugute.
- Werteverwirklichung: relevante Ziele, die dem tief empfundenen Werte-Set aus dem Herzen heraus entsprechen (und nicht äußerlich vorgegebenen Maßstäben oder Angst, Groll, Wut, Rebellion etc.), ziehen an (Annäherungsziele).
„Es ist keine Schande sein Ziel nicht zu erreichen, aber es ist eine Schande kein Ziel zu haben!“ Prof. Dr. Dr. mult. h.c. Viktor Frankl
Quellen
- Handbuch Coaching, Rauen, Christopher (Hrsg.), 3.Auflage 2005, Hogrefe Verlag
- Handbuch Coaching und Beratung, Migge, Dr.Björn, 4.Auflage 2018, Belz Verlag
- Handbuch Business-Coaching, Migge, Dr.Björn, 2.Auflage 2017, Belz Verlag
- Selbstmanagement – ressourcenorientiert, Storch, Dr.Maja, Krause, Dr.Frank, 6.Auflage 2017, Hogrefe Verlag